Gerade jetzt ist unser letzter Urlaubstag unserer herbstlichen Betriebsferien. Das heißt genau genommen ist es für alle anderen meiner Angestellten der letzte Urlaubstag, bzw. der Vorletzte. Als Selbstständiger Gastronom muss ich mir 2 Tage vor der eigentlichen Wiedereröffnung schon einen akribischen Überblick verschaffen über den Warenbestand, offene Baustellen, Bestellungen etc. Es müssen Menu Karten geschrieben werden, Techniker für kaputte Maschinen bestellt werden, der Anrufbeantworter will nach einer Urlaubswoche abgehört und beantwortet werden, von der Post und dem Mailverkehr mal ganz abgesehen. Da hilft es auch nichts, dass am selben morgen mir 2 Zähne gezogen werden wurden.
Man sagt in Deutschland, Selbstständig heißt Selbst und Ständig, ein dämliches Sprichwort mit wahrem Kern. So konnte ich bei der Frage nach einer möglichen Krankschreibung der Ärztin nur müde schmunzeln im Hinblick auf die arbeitsintensive Woche, die mich erwartet. Zwar konnten wir als Familie neben einer gemeinsamen Corona Infektion im Urlaub auch etwas Kraft tanken, aber schnell sind die Gedanken immer wieder bei dem zukünftigen Geschäft und Erledigungen. So richtig abschalten ist mit meine Restaurant Konzept nicht drin. Wir stehen also vor einem kleinen Neuanfang nach dem Urlaub.
Umso größer wird der Neuanfang dann, wenn in der dritten Oktoberwoche mein stellvertretender Küchenchef das Unternehmen verlässt. Für über 4 Jahre war er bei uns tätig und hat das Restaurant mit umgebaut, sowie die Küche mit aufgebaut. Mit ihm geht eine weitere Köchin, deren ganz besondere Geschichte ich vielleicht in einem anderen Monat erzähle. Auch von unserem ersten Gastgeber haben wir uns in diesem Jahr getrennt. Damit sind schlussendlich alle Crewmitglieder aus der Gründungszeit von dannen gezogen. Einen Umstand, den wir angesichts unserer Entwicklungsmöglichkeiten auf jeden Fall begrüßen und der trotzdem ordentlich Staub aufwirbelt und Arbeit bereitet.
Schlussendlich bin ich für alle Prozesse, Entscheidungen und Erledigungen verantwortlich in meinem Restaurant, mal mehr mal weniger, verlassen uns Führungskräfte, fällt natürlich mehr Arbeit an. Auf der anderen Seite wachsen die Chancen für nachrückende Mitarbeiter und es birgt immer ein gewaltiges Potential, brach liegendes Potential neu zu erwecken und Dinge weiterzuentwickeln.
Jedes Mal ein kleiner oder großer Neuanfang, wir haben Corona-Lockdowns, eine Küchenbrandsanierung und viele weitere Neuanfänge gemeistert und werden es auch diesmal tun.
Wir kommen aus 2 sehr anstrengenden Pandemiejahren, in denen uns viele Sorgen plagten, schlittern geradezu in die nächste Krise und es bleibt nicht wirklich Zeit zum Durchatmen. Von daher ist es wieder mal ein Neuanfang ohne Rast, nicht wirklich frohen Mutes, aber doch mit einem Rest verbleibender Kraft und unbedingtem Durchhaltewillen und Entschlossenheit.
Als Einstieg wenig kulinarisches, dafür einen Einblick in meinen unsteten Arbeitsalltag.
Geschrieben von Sebastian Junge